21.09.2019
Besinnungsworte

Von Pfarrer Thomas Schumann, Evangelischer Klinikseelsorger im SRH-Zentralklinikum Suhl

 

Am Abgrund der Geschichte

 

„Was denken Sie über diese Welt? Wird es besser oder schlechter“, fragt mich ein junger Schüler an meiner Haustür. Als ich mit einer Antwort zögere, redet er weiter: „Also die meisten der Deutschen denken: Es wird schlechter. Klimawandel und so. Sie wissen ja. - Das denken ja Sie wohl auch. Und Sie können jetzt etwas tun und Mitglied bei unserem Naturschutzverein werden“, drängt mich der Schüler.

Nach dem Gespräch komme ich ins Nachdenken. Neben den Streiks der Schüler bei den Fridays for Future ist das Thema Klimaschutz in den politischen und medialen Fokus gekommen. Die Generation der Fridays for Future hat Angst. Sie malt ein düsteres Bild unserer Zukunft, will uns für die zunehmende Zerstörung der Welt sensibilisieren und zur Umkehr ermutigen.

Ich finde die Fragestellung, in welchem Zustand wir die uns anvertraute Erde an unsere Kinder weitergeben, berechtigt. Es ist eine Frage, die ebenso eine Rolle spielt wie die Frage nach Bildung und Werten, die ich meinen Kinder weitergebe - damit sie im und mit ihrem Leben zurecht kommen.

Doch mich irritiert, dass eine Generation, die ohne Krieg und Mangel gelebt hat, eine solche Angst vor der Zukunft hat. Sie scheint sich geradezu vom Klimawandel so zu ängstigen, dass sie keine Zukunft mehr für sich sieht. Noch mehr: Sie bürdet sich eine Aufgabe auf, der sie bei weitem nicht gerecht werden kann: Kurz mal die Welt zu retten.Und das macht Angst. Und Angst ist kein guter Ratgeber. Sie führt zu Engstirnigkeit und Schwarz-Weiß-Denken.

Gerne mag ich mir Gedanken machen, wie ich die Umwelt schützen kann. Doch umgekehrt möchte ich das mutig und zuversichtlich, mit klarem Kopf und nicht aus Angst tun.

Mir ist der Gedanke der Hoffnung wichtig. Gleich auf den ersten Seiten der Bibel geht es um die Schöpfung. Da ist von Verantwortung die Rede, die Gott an uns Menschen überträgt: „Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Getier, das da auf Erden kriecht“ (1.Mose 1,28) Da ist aber auch vom Segen Gottes die Rede.

Wer von seiner Verantwortung weiß, weiß dass er scheitern kann. Schon oft haben wir es gut gemeint und dennoch das Ziel verfehlt. Wichtig ist es dann genauso davon zu wissen, dass wir von Gott gesegnet sind. Womit ich die Umwelt zu schützen meine, bitte ich um seinen Segen, das es wirklich was bringt - und nicht nur das gute Gefühl.

Ich möchte nicht die Angst des Scheiterns sondern die Kraft der Zuversicht in mir tragen, dass Gott für diese Welt trotz meiner Fehler sorgt.

Ich wünsche uns allen mehr Zuversichtlichkeit, und trotz der Dringlichkeit des Themas weniger Angstmache.

Martin Luther schrieb, als die Erde mal wieder am Abgrund der Geschichte zu stehen schien: „Auch wenn ich wüsste, dass morgen die Welt zugrunde geht, würde ich heute noch einen Apfelbaum pflanzen.“ Diese Worte drücken eine tiefe innere Zuversicht aus - dass Gott diese Welt nicht alleine lässt, dass er selbst in ausweglos erscheinenden Situationen neue Wege zeigt.

Also: Wenn Gott uns nicht aufgibt, warum sollten wir dann aufgeben?

Übrigens: Wenn Sie mögen, können Sie im Internet unter www.apfelbaum-pflanzen.de Ihren eigenen Baum der Hoffnung pflanzen und zeigen: Ich habe Hoffnung für diese Welt - weil Gott sie trägt.