12.12.2019
Besinnungsworte

von Marlis Schmidt, Kirchengemeinde Suhl

Marlis Schmidt

Advent – manchmal schon ein Stück Himmel auf Erden.

 

Nun sind wir wieder mittendrin in der Adventszeit und wir machen uns wie jedes Jahr auf die Suche nach Stimmung, Frieden und Gottes Nähe.

Werden wir diesmal finden, wonach wir uns sehnen? Hören wir eine Geschichte, die uns daran erinnert, wie gut es sein kann, den Blickwinkel zu ändern und Vertrautes neu zu betrachten.

Ein Indianer besucht einen weißen Mann. Beide gehen durch die Straßen der Stadt mit dem Lärm, den Autos und den vielen Menschen. Plötzlich bleibt der Indianer stehen. „Hörst Du?“ fragt er. Der Freund horcht und sagt:“ Alles was ich höre, ist das Hupen der Autos und Rattern der Straßenbahnen.“ „Nein, sagt der Indianer, ich höre ganz in der Nähe eine Grille zirpen“. „Du musst dich täuschen. Hier gibt es keine Grillen. Und selbst wenn es eine gäbe, würde man ihr Zirpen bei dem Lärm nicht hören.“ Der Indianer geht ein paar Schritte und bleibt vor einer Hauswand stehen. Er schiebt die Blätter des wilden Weines auseinander- und da sitzt tatsächlich eine Grille. „Indianer können eben besser hören als Weiße.“ meint der Mann. Der Indianer darauf: „Da täuscht du dich. Ich will es dir zeigen.“ Er wirft ein Geldstück auf das Pflaster. Es klimpert auf dem Asphalt und die Leute, die mehrere Meter entfernt gehen, drehen sich um. „Siehst du“, sagt der Indianer, das Geräusch, das das Geldstück gemacht hat, war nicht lauter als das der Grille. Und doch haben es viele der Leute gehört.“ Der Grund liegt daran, dass wir alle stets das gut hören, worauf wir zu achten gewohnt sind.

Die Adventszeit ist für viele Menschen mit Stress und Hektik verbunden. Dabei ist gerade in dieser Zeit die Sehnsucht nach Ruhe und Besinnung groß und das wäre ja eigentlich der Sinn des Advents. Advent ist ja die Vorbereitungszeit auf die „Ankunft des Herrn“- die Menschwerdung Gottes in der Geburt von Jesus Christus, seinem Sohn, die zu Weihnachten gefeiert wird. Wie schafft man es, seine Sehnsucht und Erwartung an diese besondere Zeit zu gestalten.  Vielleicht einmal die Gewohnheiten in der Adventszeit zu ändern, den Mut zu haben, sich dem Geschenkestress zu entziehen und manches Zusammensein auf den Januar zu verschieben (auch dann ist noch Weihnachtszeit)? Mal die Stopp-Taste zu drücken. Alte Gewohnheiten zu überdenken. Warum muss gerade jetzt alles Liegengebliebene unbedingt abgearbeitet werden? Es ist wertvolle Lebenszeit, die mir verloren geht. Stattdessen den Dingen Zeit und Raum zu geben, die mich tragen und mir Geborgenheit schenken. Vielleicht eine gute Musik hören, ein interessantes Buch lesen oder meinen Gedanken nachhängen und wieder zu meinem inneren Gleichgewicht zu finden.

Oder bei einer Auszeit im Kerzenlicht, sich die Schätze in seinem Leben immer wieder bewusst zu machen. Z.B. eine Familie, die zusammenhält, die Freunde, mit denen man über alles sprechen kann, die Enkel, die man begleiten kann, das Gebrauchtwerden im Ehrenamt. Die kleinen Lichtpunkte im Leben zu sehen. Die Gewissheit zu stärken, dass ich gesegnet bin mit verschiedenen Gaben und Talenten. Dadurch können Dinge in Bewegung gebracht werden, die mein und das Leben Anderer bereichern. Wenn ich z. B. Menschen zuhören kann, ihnen durch meine Lebensart neuen Lebensmut schenken kann. Der Advent will uns lehren achtsam zu sein mit uns, mit unseren Mitmenschen.

In einigen Städten und Gemeinden gibt es den „Lebendigen Adventskalender“. Für einen Nachmittag oder Abend öffnen reihum Menschen die Türen ihrer Häuser oder Wohnungen, um sich zu treffen, sich näher zu kommen, und sich hinein nehmen zu lassen in die eigenen Traditionen. Durch das „Aufeinanderhören“ verschwinden Vorurteile, man geht respektvoll mit der Meinung des anderen um, hat eine Basis für Gespräche, gibt Hoffnung und Lebenserfahrung weiter, die eine oder andere Freundschaft entsteht. Froh und bereichert geht man nach Hause.  Da wird schon ein Stück Himmel auf Erden gelebt. Eine Macht ist spürbar, die größer ist als wir. Die Schriftstellerin Andrea Schwarz spricht in ihren Erzählungen im Advent davon, „Gott eine Chance“ zu geben. Denn schon der Gedanke, dass Gott mit mir auf dem Weg ist, gerade in scheinbar dunklen Zeiten, bewirkt eine Änderung des Blickwinkels. Ich bin bereit, Unerwartetes zu hoffen, Neues zu wagen, meine Sinne zu schärfen und mein Herz zu weiten. (auch die scheinbar leisen Töne zu hören) Möge jeder mittun, die Welt etwas freundlicher und heller zu machen. Etwas von dem Licht zu verbreiten, das uns Weihnachten in Jesus Christus geschenkt wurde.

So folgen wir den Worten des Propheten Jesaja: „Mache dich auf und werde Licht, denn dein Licht kommt.“