21.10.2021
Besinnungswort zum 24. Oktober

von Pfarrerin Catherine Heckert, Goldlauter- Heidersbach

Pfrn. Catherine Heckert
Pfrn. Catherine Heckert

Zwischen Gut und Böse bewegt sich der Mensch. Kein Mensch ist nur das eine oder ausschließlich das andere. Wie können wir aber gut leben in einer Welt, die leider nicht nur gut ist, unter Menschen, die immer auch ihre mitunter scharfen Ecken und Kanten haben? Der Wochenspruch für die kommende Woche aus dem Römerbrief gibt darauf eine Antwort: Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem. ( Römer 12,21) Paulus sieht das Böse nicht im einzelnen Menschen sondern als eine dunkle Macht. Das beschreibt die Wirklichkeit, so wie ich sie erlebe, sehr treffend. So manches Mal denke ich, wenn mich ein Mensch verletzt: Dieser Mensch ist nicht an sich schlecht, sondern eine böse Macht hat von diesem Menschen Besitz ergriffen. Die Depression ist z.B. eine solche Macht. Ein depressiver Mensch neigt oft dazu, andere zu verletzen, die Schuld für alles Misslungene bei anderen zu suchen, positive Stimmungen zu zerstören, er ist oft gereizt. Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem. Es klingt gut, das Böse mit Gutem zu überwinden, den Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen. Aber ist ein solch steiler Satz nicht eine Illusion- zumindest für unsere unvollkommene Erdenwelt? Gilt hier nicht vielmehr: Halte die Ellenbogen raus. Wehr dich. Lass es nicht mit dir machen. Bringen das nicht schon Eltern ihren Kindern bei, ehe sie in den Kindergarten oder spätestens in die Schule gehen? Paulus sieht das anders. Dabei waren die die gesellschaftlichen Verhältnisse damals keineswegs einfacher, milder und friedlicher- im Gegenteil- der Kampf ums Überleben war damals hart. Und Paulus ist nicht blind. Aber dennoch ist er überzeugt: Christen können anders. Er beruft sich auf Jesus, der diese Worte gelebt hat: Wer es schafft, seine Feinde zu lieben, der erreicht in vielen Fällen, dass die Feinde fortan keine Feinde mehr sind und manchmal sogar, dass sie zu Freunden werden. Und wenn das viele tun, dann werden die Schatten des Bösen dieser Welt allmählich vom Guten überwunden. Es ist kein leichter Weg, aber der gute Weg ist oft immer der schwerere. Und manche Menschen sind diesen Weg gegangen- das Böse mit Gutem zu überwinden und haben damit die Welt ein Stück zum Besseren verändert. Ganz sicher gelingt so etwas nicht sofort und nicht immer und überall, aber wenigstens anfangen müssen wir doch, es wenigstens einmal probieren. Vergebung ist ein wichtiges Stichwort in diesem Zusammenhang. Vergebung, die wirklich von Herzen kommt, ist oft das Gute, das das Böse überwindet, die Basis für einen Neuanfang. Vielen Menschen fällt es sehr schwer zu vergeben. Aber es gibt sie, die Menschen, die selbst denen vergeben können, die ihnen sehr viel Schlimmes zugefügt haben. Da hört man immer wieder von Menschen, die schlimmes Leid durch andere erlebt haben und trotzdem offen geblieben sind für einen Neuanfang. Wir sind eingeladen, uns einzuüben im Verzeihen und Vergeben. Verg ebung braucht Reue, heißt es aber doch. Ja, wenn der, der schuldig geworden ist, bereut, ist es viel leichter zu vergeben. Doch nicht immer erfahren wir das so, und sei es deshalb, weil wir den Menschen aus den Augen verloren haben, der bereuen müsste. Doch wenn wir es selbst dann schaffen, zu vergeben, öffnet sich auch für unser eigenes Leben ein ganz neuer Horizont, die ganze Bandbreite des Lebens wird uns wieder zugänglich. Wir haben dabei einen großen Helfer, der viel mehr kann als wir. Tagtäglich beten Millionen von Menschen im Vaterunser: Sondern erlöse uns von dem Bösen. Gott hilft mit, wenn wir auf dem Weg sind, das Böse mit Gutem zu überwinden. Sein Wort von der Vergebung ist dabei seine Einladung zum Leben, zur Liebe und zum Frieden. Und Gott wird mitten unter uns sein. Sein Reich wächst und gedeiht dort, wo Menschen den Teufelskreis des Bösen durchbrechen und den Weg der Liebe beschreiten. Pfarrerin Catherine Heckert, Goldlauter- Heidersbach