08.04.2020
Besinnungsworte zum 11.April 2020

Besinnungsworte von Anna Böck – Kreisjugendpfarrerin und Team Experimente

Pfrn. Anna Böck

Steine glauben nicht

Ich bin ein Stein. Ich bin standfest. Mich haut so schnell nichts um! Ich steh zu meinem Wort! Mir macht man so schnell nichts vor. Bei mir weiß man, woran man ist. Ich spiele keine Spielchen. Ich gebe Sicherheit. Ich bin auch nicht irgendein Stein. Kein kleiner Kieselstein oder so poröser Sandstein. Mich müssen mehrere Männer bewegen, damit ich überhaupt vom Fleck komme. Manche nennen mich auch Dickkopf, weil ich so unbeweglich bin. Aber ich stehe nunmal zu meiner Meinung. So schnell überzeugt man mich nicht vom Gegenteil. Und damit eins mal klar ist: Ich glaube nur, was ich sehe!

Mein Job: Ich verschließe den Eingang zur Grabhöhle. Ich stehe zwischen dem Leben da draußen und dem Tod drinnen. Nur, wenn einer reinkommt, werde ich mal verschoben. Und eins weiß ich sicher. Es gibt nur eine Richtung. Das hier ist eine Einbahnstraße, die in einer Sackgasse endet. Immer nur rein. Raus kam bisher noch keiner. Genauso, wie auch immer auf der einen Seite Dunkel ist und auf der anderen Seite sich Tag und Nacht abwechseln. Die eine Seite ist eben totsicher. Die andere ist Leben. Bunt, vielfältig, lebendig, durchdrungen von Gefühlen, von Freude, Lachen, Sorgen, Nöten und Angst. Das ist mir ja meist zu viel. Ich bin ein Stein. Ich bin standfest. Manche nennen mich kalt. Andere langweilig und grau.

So langweilig und grau, wie die ewige Nacht auf der Todesseite der Grabhöhle. Doch jetzt ist auf beiden Seiten Nacht. Denn der ewige Wechsel von Tag und Nacht ist ja im Prinzip auch etwas sehr standhaftes, fast langweiliges. So viel abwechslungsreicher ist die Lebensseite ja auch nicht. Man weiß eigentlich auch immer, was passiert. Auf Nacht folgt Tag, auf Tag folgt Nacht. Nach dem Leben kommt der Tod. Das ist so sicher, die nach jeder Nacht ein neuer Morgen kommt. So auch jetzt. Es wird langsam heller. Aber Moment… Das kann nicht sein! Ich bin doch ein Stein! Mir macht man nichts vor! Das ist die falsche Seite! Dieses Licht! Es ist so anders! Ich werde leicht! Ich bin doch ein Stein! Ich schwebe, bewege mich fort. Meine Standfestigkeit ist dahin.

Und dann wird aus dem Eingang ein Ausgang. Der da hinaus geht berührt mich kurz und ich merke: Ich glaube! Und als er schon weitergelaufen ist, möchte ich ihm hinterherrufen: hilf meinem Unglauben! (eine kleine Erinnerung an die Jahreslosung Markus 9,24)