14.10.2025
Besinnungswort zum 04.10.2025
von Almut Ehrhardt
Wenn ich in diesen Tagen mit dem Auto durch unseren Kirchenkreis fahre, sehe ich überall volle Obstbäume. Die Ernte ist sehr gut. Wir sind gesegnet. Aber niemand erntet die Bäume ab. Das Obst liegt am Boden und fault vor sich hin. Was für eine Verschwendung! Szenenwechsel. Eine meiner Nachbarinnen arbeitet bei einem Bäcker im Verkauf. Sie erzählte mir neulich, dass es immer wieder Kunden gibt, die am Abend kurz vor Ladenschluss eine ganz bestimmte Brotsorte haben möchten und regelrecht unfreundlich werden, wenn es diese Brotsorte nicht mehr gibt. Der Bäcker hält bewusst nicht alle Brotsorten bis zum Ladenschluss vor, denn er müsste sie sonst wegwerfen. Ohnehin fliegt zu viel Brot in Deutschen Bäckereien und Haushalten in die Tonne: 21 kg pro Person im Jahr. Was für eine Verschwendung! Szenenwechsel. In Deutschland landen jährlich etwa 11 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll, was täglich circa 30.000 Tonnen entspricht. Ein Großteil davon, etwa 58 %, in privaten Haushalten, wo pro Person im Schnitt etwa 74,5 Kilogramm pro Jahr weggeworfen werden. Was für eine Verschwendung! Szenenwechsel. Weltweit landen jährlich schätzungsweise 100 Millionen Tonnen Textilabfälle im Müll oder werden verbrannt, was der Menge von über 200 vollbesetzten Fußballstadien entspricht. Dieser Textilmüll wird größtenteils deponiert oder verbrannt, da nur ein Bruchteil der globalen Textilien zu neuen Textilien recycelt wird. Was für eine Verschwendung! Szenenwechsel. In Deutschland stehen rund 1,9 Millionen Wohnungen leer, andererseits suchen unzählige Menschen, darunter viele Familien mit Kindern eine Wohnung. Was für eine Verschwendung! Mahatma Gandhi sagte einmal: „Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier“. Genau da liegt meiner Meinung nach das Problem: Unsere Gier, immer mehr, und frisch bis zum Ladenschluss oder eine Zweitwohnung als Spekulationsobjekt. Uns Menschen ist die Bescheidenheit abhandengekommen. Allerdings ist die Gier keine Erscheinung der Neuzeit: Als Mose mit dem Volk Israel auf der Wüstenwanderung in das verheißene Land unterwegs war, litten sie Hunger: Im 2. Buch Mose, Kapitel 16 wird erzählt: „Es war im zweiten Monat nach ihrem Auszug aus Ägypten. Die ganze Gemeinde der Israeliten murrte in der Wüste gegen Mose und Aaron. Sie sagten: Wären wir doch in Ägypten geblieben an den Fleischtöpfen mit Brot. Da sprach der HERR zu Mose: Ich will euch Brot vom Himmel regnen lassen. Das Volk soll hinausgehen, um seinen täglichen Bedarf zu sammeln. Am Morgen lag eine Schicht von Tau rings um das Lager. Als sich die Tauschicht gehoben hatte, lag auf dem Wüstenboden etwas Feines, Knuspriges, fein wie Reif, auf der Erde. Als das die Israeliten sahen, sagten sie zueinander: Was ist das? Da sagte Mose zu ihnen: Das ist das Brot, das der HERR euch zu essen gibt. Das ordnet der HERR an: Sammelt davon so viel, wie jeder zum Essen an einem Tag braucht. Die Israeliten taten es und sammelten das Manna. Mose sagte zu ihnen: Davon darf bis zum Morgen niemand etwas übrig lassen. Doch sie hörten nicht auf Mose, sondern einige ließen etwas bis zum Morgen übrig. Dieses wurde wurmig und stank.“Die Gier derer, die mehr gesammelt hatten als sie essen konnten, führte dazu, dass das Manna am nächsten Tag verdorben und ungenießbar war. Aber es lag genug Manna jeden Morgen neu vor ihren Zelten. Die Gier wäre nicht nötig gewesen. „Aller Augen warten auf dich Herr, dass du ihnen Speise gebest zu seiner Zeit. Du tust deine milde Hand auf und sättigst alles was da lebt mit Wohlgefallen“. So heißt es in einem Lied nach Psalm 104, vertont von Heinrich Schütz nach dem Dreißigjährigen Krieg, in einer Zeit, in der sicherlich viele Menschen Hunger litten. „Du tust deine milde Hand auf und sättigst alles was da lebt mit Wohlgefallen“, das ist das Maß, denn die Welt hat genug für alle unsere Bedürfnisse: genug zu essen, genug Kleidung, ein Zuhause und Menschen um uns herum, Freunde und Verwandte. Nutzen Sie das vor uns liegende Erntedankfestwochenende, um darüber nachzudenken, wofür Sie dankbar sein können im zurückliegenden Jahr. Ich bin sicher, Sie werden mir zustimmen: Wir sind gesegnet. Danke Herr.