08.03.2024
Besinnungswort zum 10.03.2024

Führe uns nicht in Versuchung

 

von Almut Ehrhardt

Almut Ehrhardt

Wir sind mitten in der Fastenzeit, da ist der Satz Matth. 6, 13 „Führe uns nicht in Versuchung“, eine Bitte von Herzen. Es ist die sechste Bitte des Vater Unser. Viele Christen beten es täglich. Gott führt uns in Versuchung? Papst Franziskus hat sich aktuell zur dieser Bitte geäußert: Er ist mit der Übersetzung dieser Vaterunser Bitte nicht so recht zufrieden, denn seiner Meinung nach führt Gott uns nicht in Versuchung. Franziskus macht alternative Übersetzungsvorschläge: Verlass uns nicht in der Versuchung oder: Lass nicht zu, dass wir in Versuchung geraten. Ich gebe ihm recht: Dass der uns liebende Gott uns in Versuchung führt, kann ich mir schwer vorstellen. Aber es gibt sie, die Versuchungen. Wo kommen sie her?
1988 erschien der Film „Die letzte Versuchung Jesu“, gedreht von Martin Scorsese. Der Film schildert anfangs das Jesu Leben, so wie es in den Evangelien erzählt wird. Am Kreuz, als Jesus  Schmerzen leidet und voller Pein ruft: „Vater, warum hast du mich verlassen?“ erscheint ein Kind unter dem Kreuz und sagt zu Jesus, es sei sein Schutzengel. Das Kind nimmt Jesus vom Kreuz ab und geht mit ihm fort von der Kreuzigungsstätte. Jesus fragt das Kind: „Ich muss nicht sterben?“ „Nein“ sagt das Kind. Darauf Jesus: „Ich bin nicht der Messias?“ Und wieder antwortet das Kind kurz „Nein“. Die Folterwunden Jesu verheilen, er heiratet und hat Kinder. Jesus führt ein scheinbar ganz normales Leben. Die Jahre vergehen, Jesus wird alt und eines Tages ist es so weit, er liegt auf dem Sterbebett. Sein Schutzengel jedoch wird nicht alt, er bleibt ein Kind. Einige seiner ehemaligen Jünger, auch Judas, kommen an Jesu Sterbebett. Und gerade Judas, der Jünger, der Jesus verraten hat, klagt Jesus nun an: „Warum hast du den Plan Gottes nicht erfüllt? Du bist vom Kreuz gestiegen und einfach weggegangen. Mein Verrat wurde dadurch sinnlos! Die Menschen haben nun keine Verheißung, es gibt für sie keine Hoffnung. Aber die Menschen brauchen Hoffnung!“ Und Judas enttarnt den vermeintlichen Schutzengel: es ist Satan. Satan spottet: „Ich habe dir gesagt, wir sehen uns wieder. (Das bezieht sich auf Matth. 4. 1-11) Stirb wie ein Mensch, es ist vorbei!“ In diesem Moment wird Jesus klar, dass er der vierten Versuchung des Teufels erlegen ist, er richtet sich auf und bekennt vor Gott seine Schuld. Wie der verlorene Sohn fleht er Gott an: “Nimm mich wieder als deinen Sohn an! Vater, vergib mir!“ Und Gott vergibt ihm, wie der Vater den verlorenen Sohn annimmt, so verzeiht Gott Jesus seine Verfehlung. In diesem Moment hängt Jesus wieder am Kreuz und ruft: “Es ist vollbracht!“ Dieser Film ist reine Fiktion und dennoch sehr beeindruckend. Jesus ist durch seinen Gehorsam, seinen Tod am Kreuz und seine Auferstehung unser Messias geworden. Wir haben Hoffnung. Wir wissen, der Versucher hat keine Macht mehr über uns. Versuchungen gibt es für uns heute zuhauf: Macht und Geld sind wohl die größten. Aber ich glaube nicht, dass Gott sich diese Versuchungen für uns ausgedacht hat, sondern es ist der Versucher, der schon Eva aufforderte die Frucht essen, die im Garten verlockte. Es ist der, der Jesus in der Wüste sagte: „Wenn du mich anbetest, schenke ich dir alle Reiche dieser Welt.“ Aber weil wir Menschen sind, wird es immer wieder vorkommen, dass wir nicht allen Versuchungen widerstehen können, daher sollten wir bei der sechsten Bitte des Vater Unser immer daran denken, dass sie anders übersetzt heißen könnte:
Verlass uns nicht in unserer Versuchung! Amen.