11.06.2021
Besinnungswort zum 13.Juni 2021

von Pfarrerin Constanze Greiner, Gemeinde St. Kilian

Liebe Leserinnen und Leser,

„Geh aus, mein Herz und suche Freud“!

So beginnt eines der bekanntesten Kirchenlieder (Sie finden es im Gesangbuch Nr 503 – oder bei google). 15 Strophen von Paul Gerhardt, die den Frühling und Frühsommer beschreiben, Gott dafür danken und um seinen Segen bitten. Ein langes Gedicht, manche Ausdrücke sind heute fremd, andere poetisch schön – wenn es heißt: „die Glucke führt ihr Völklein aus“ habe ich eine dicke Henne mit einem Haufen Küken, die ihr piepsend nachtapsen, direkt vor Augen. Das ganze Leben ist in diesem Lied abgebildet, bis zum Tod und der Auferstehung. Der Dichter freut sich: Wenn es schon hier so schön ist, wenn es so viele Naturwunder hier zu sehen und zu erleben gibt, wie wird es dann erst im Paradies? Obwohl Gerhardt selbst den 30-jährigen Krieg erlebt hat, ist sein Gedicht geprägt von Dankbarkeit und einem freudigen Staunen über das Erwachend er Natur. Ein Erwachen, wie es im Lied beschrieben wird, neue Lebendigkeit, habe auch ich in den letzten Wochen erleben dürfen: Immer noch eingeschränkt, aber zaghaft sich entfaltend, konnten wir Ostern feiern, Pfingsten, Konfirmation. Ich habe Menschen wiedergesehen, die ich lange nur am Telefon gehört oder mit großem Abstand gesehen habe, wir konnten in zunehmend größerer Runde beten und auch wieder Abendmahl feiern – wie herrlich! Man sollte meinen, dass 14 Monate gar nicht so lang sind. Aber dass wir sagen „Davor“ oder „vor Corona“ zeigt, doch, was das für ein Einschnitt war; so vieles war dann letztes Jahr zu Ostern und zu Weihnachten gar nicht mehr möglich. Und: ist es wirklich „Vorbei“- beziehungsweise: was heißt das? Die Sorgen werden so schnell nicht verschwinden, vieles wird nicht mehr so sein wie vorher. Umso mehr fühlt sich das, was zunehmend wieder möglich ist, wie ein neues Erwachen an, das Herz erfreut und sonnt sich, wenn man wieder mal etwas unternehmen kann, wenn Familien zur Taufe einladen können und Paare zur Hochzeit, wenn es möglich ist, im Biergarten zu sitzen, wenn Geschäfte und Museen wieder öffnen, wenn es wieder Musik und Kultur geben kann – ein Erblühen nach einer langen Dürrezeit.

Und so stimme ich dankbar ein- und wünsche Ihnen einen Sommer voller Leben und voller Freude!