24.02.2022
Besinnungswort zum 20.02.2022

Besinnungsworte von Matthias Gering, Gemeinde Goldlauter-Heidersbach

Eine Frage der Haltung?

Meinungen kann man haben, man kann über sie streiten, sie ablegen, ändern oder vehement vertreten. Man kann sie sich anhören oder versuchen sie zu wiederlegen. Meinungen können Menschen zusammenführen oder voneinander trennen. Eines der freiheitlichen Grundrechte,           die uns zustehen, ist seine Meinung äußern zu dürfen. Meinungen können ganz schön viel Macht auf uns und unser Leben ausüben. Und wir scheinen im Zeitalter der Meinungsstärke zu leben. Olympische Spiele in China, Ukraine -Krise, Coronapandemie, oder die Fragen ob in Deutschland auch eine allgemeine Impfpflicht eingeführt wird, ob dass Personal in der Kranken- und Altenpflege bis zum 15.03.2022 vollständig geimpft sein muss und wie der Drei-Stufen-Plan zur Lockerung der Corona- Maßnahmen bis zum 20.März umgesetzt wird- kein Thema, dass nicht von lautstarken Meinungsäußerungen begleitet wird. Problematisch wird es aber, wenn die Freiheit der eigenen Meinung dazu benutzt, sie anderen Menschen überzustülpen. Denn es scheint immer seltener zu genügen, eine Meinung zu haben, andere sollen sie gefälligst auch teilen. Das Klima ist wesentlich rauer geworden in den letzen Wochen. Es gilt leider viel mal der Spruch „Wir schätzen die Menschen, die frisch und offen ihre Meinung sagen- vorausgesetzt, sie meinen dasselbe wie wir.“

So kann aus Meinungsfreiheit schnell Rechthaberei werden. Aber möglicherweise liegt das eigentliche Problem ganz woanders. Nämlich in dem Prozess, der idealerweise dazu führt, dass wir uns eine Meinung bilden. Es ist festzustellen, dass in der Gesellschaft, in der Politik aber auch wir selber schneller dazu neigen uns zu Problemen zu äußern, ohne uns zuvor  die Mühe gemacht zuhaben den Weg der Meinungsbildung zu beschreiten. Unsere Meinung verteidigen wir dann  leidenschaftlich, auch wenn uns womöglich die Argumente ausgegangen sind. Weil- na ja wir dann eingestehen müssten, dass wir unrecht hatten. Es gehört halt mehr Mut dazu seine Meinung zu ändern, als ihr treu zu bleiben. Ich für mich, habe mir vorgenommen und ich glaube es ist zuweilen klüger damit zu warten, mich einer Meinung zu verschreiben. Denn solange wir uns nicht festgelegt haben, solange sind unsere Augen, unsere Ohren und unser Geist offen für Neues. Wir sollten mehr zuhören, anstatt gleich zu wiedersprechen. Wir sollten mehr lesen, anstatt gleich zu antworten. Ich denke damit könnten wir viel mehr erfahren, statt nur zu meinen. Zur Meinungsfreiheit gehört für mich auch, Zeit nehmen, abwägen bevor man sich festlegt. Der Theologe Dietrich Bonhoeffer war der festen Überzeugung, dass eine Meinung nur dann von Wert sein kann, wenn sie auf einem festen Fundament ruht. Reden und Handeln waren für ihn eine Frage der Haltung und nicht der Meinung: „ Die Ehrfurcht vor der Vergangenheit und die Verantwortung gegenüber der Zukunft geben fürs Leben die richtige Haltung.“