03.05.2025
Besinnungswort zum 04.05.2025

von Almut Ehrhardt

Kennen Sie die Bedeutung aller christlichen Feste? Ostern ist wahrscheinlich das am schwierigsten zu erklärende Fest. Weihnachten, ein Kind wird geboren, große Freude! Pfingsten, Geburtstag der Kirche, salopp gesagt, die Firmengründung. Aber Ostern? Jesu Auferstehung von den Toten? Das Johannesevangelium erzählt uns die Geschichte von Thomas. Als Jesus seinen Freunden das erste Mal erscheint, ist er nicht dabei. Als sie ihm freudestrahlend erzählen, dass Jesus ihnen begegnet und dass er von den Toten auferstanden ist, kann Thomas es nicht glauben. Er fordert einen Beweis. Seien Sie ehrlich, hätten Sie nicht auch Ihre Zweifel gehabt am Bericht der anderen Jünger? Als ich Kind war, haben mich andere oft verspottet: Die glaubt an einen unsichtbaren Gott, der soll auch noch von den Toten auferstanden sein! Das geht ja gar nicht, dann war er eben nicht tot… In der Tat. Dass Jesus vom Tod auferstand, ist das Geheimnisvollste unseres Glaubens. Da stand ich den Spöttern gegenüber und wusste keine Antwort. Ich glaube, es wäre den anderen auch egal gewesen, was ich gesagt hätte, Sie hätten mir sowieso nicht geglaubt. Ich ging also zu meinem Vater und fragte ihn. Er gab mir eine Erklärung, die ich als Kind gut verstehen konnte: Es gibt so viele Dinge, die wir nicht sehen können, und die es trotzdem gibt! Und wir bezweifeln sie nicht, weil wir sehen, was sie bewirken. Und mein Vater zählte mir viele Beispiele auf: Der Wind. Wir können ihn nicht sehen, und doch gibt es ihn. Keiner zweifelt daran. Wir sehen wie er die Blätter bewegt, manchmal entwurzelt ein Sturm ganze Bäume. Sie liegen dann auf der Straße oder noch schlimmer: auf einem Hausdach. Aber der Wind bewegt auch die bunten Drachen am Herbsthimmel und erfreut uns damit. Wir sehen Dinge, die der Wind bewegt, aber den Wind selber sehen wir nicht. Die Liebe. Kann man Liebe sehen? Wir sehen, dass ein verliebter Mensch errötet, wenn man ihn anspricht, aber das was wir Liebe nennen, können wir nicht sehen. Wir sehen, dass ein Mensch einem anderen ein Geschenk macht, sein Gegenüber anlächelt, wir fühlen Schmetterlinge im Bauch, aber die Liebe sehen wir nicht. Zurück zum Johannesevangelium und zu Thomas , dem ungläubigen Jünger Jesu. Er sagt: Ich kann es erst glauben, wenn ich meine Finger in die Wundmale des Herrn gelegt habe. Wir sind also in guter Gesellschaft, wenn wir zweifelnd die Frage nach der Auferstehung stellen: Sogar einer der engsten Freunde Jesu zweifelte anfangs. Aber warum werden die Zweifel des Thomas in der Bibel überhaupt beschrieben? Warum kehrt man diese Begebenheit nicht einfach unter den Teppich? Es gibt doch kein gutes Bild nach außen, wenn man von den engsten Freunden Jesu solche Dinge liest. Thomas sucht Vergewisserung. Seine Forderung nach Berührung der Wundmale Jesu geht zwar über die erste Erscheinung hinaus, als die Jünger die Wundmale Jesu nur gesehen haben. Aber die zweite Erscheinung wird nicht so erzählt, dass Thomas auf seiner vorherigen Forderung beharrte und daraufhin zum Glauben käme. Als Jesus kommt, ist die Berührung nicht mehr nötig; schon auf die Einladung Jesu hin, ihn zu berühren, spricht Thomas das Glaubensbekenntnis: »mein Herr und mein Gott«. Jesus redet mit Thomas, ohne ihm einen Vorwurf zu machen. Thomas wird die Vergewisserung angeboten, nach der er verlangt hatte. Erst nach diesem Angebot erfolgt die Aufforderung, nicht ungläubig zu sein, sondern zu glauben. Thomas wird also für seine Bedingung (»wenn ich nicht an seinen Händen die Male der Nägel sehe ...«) nicht kritisiert. Seine Bitte wird ernst genommen als Station auf dem Weg zum Glauben, zu dem der Auferstandene den Jünger führt. Finden Sie sich in Thomas wieder? Welche Brücke bräuchten Sie, um zum Glauben zu finden? Vielleicht machen Sie sich an diesem Wochenende auf den Weg, den Glauben an den Auferstandenen zu suchen. Jesu Worte: »Selig, die nicht sehen und doch glauben« sollen wir nicht als einen Tadel Thomas gegenüber auffassen. Sie bekräftigen, dass Glaube ein großes Geschenk Gottes an uns ist, das man annehmen kann. Nicht sehen und doch glauben – ist das zu viel verlangt? Nein, ich denke nicht. Wir sehen doch, was Glaube an den Auferstandenen alles bewirken kann: Menschen bekommen Mut und neue Lebenshoffnung, viele werden froh, Menschen beginnen zu teilen oder anderen zu helfen. Der Glaube inspiriert(e) viele Menschen zu großartigen Kunstwerken in der Musik, Malerei, Bildhauerei…mit dem Glauben ist es wie mit dem Wind: man kann ihn nicht anfassen, aber man sieht, was er bewirkt. Halleluja, der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden! Amen