03.09.2020
Besinnungswort zum 05.September 2020

von Pfarrerin Anna Böck, Gemeinde Suhl

Herr, erbarme dich!
Manchmal bekommt man ja das Gefühl, dass in dieser Welt sich alles nur um eine Frage dreht: „Wer darf der Bestimmer sein?“ Manche meinen, sich dieses Recht zu ergattern, indem sie einige Treppen hochstürmen. Ob wirklich drei Polizisten sie aufgehalten haben oder vielmehr die Frage, wie das von da oben eigentlich hätte weiter gehen sollen, kann jetzt, eine Woche später niemand mehr beantworten. Denn Bestimmen ist gar nicht so einfach.
In der Antike wurde das mit dem Bestimmer-Sein einfach gelöst. Wenn ein Kriegsherr nach erfolgreicher Schlacht einmarschierte oder nachhause zurück kehrte, versammelte sich das Volk am Straßenrand und rief ihm zu: „Kyrie eleison!“ Das ist Griechisch und bedeutet: „Herr, erbarme dich!“. Das Volk erkannte, dass der Kriegsherr der Bestimmer war und sie nicht. Deshalb waren sie von ihm und vor allem seinem Wohlwollen, seinem Erbarmen, abhängig.
Die Christen haben dann diesen Ausruf in ihren Gottesdienst eingebaut. Bis heute beten wir am Anfang des Gottesdienstes zu Gott: „Herr, erbarme dich!“ Denn Gott steht über den weltlichen Bestimmern.
Und was bestimmt dieser Gott? Viele meinen, sehr genau zu wissen, was der Bestimmer-Gott sagt. Die Bibel erzählt vor allem die Geschichte, wie dieser eine, der Bestimmer war, darauf verzichtete, Bestimmer zu sein. Viele Menschen wollten Gott sein, aber nur ein Gott wollte Mensch sein. Dieser Gott soll mein Bestimmer sein und mich lehren, was es bedeutet, weise mit Macht umzugehen.

Pfarrerin Anna Böck