18.05.2023
Besinnungswort zum 20.05.2023

Verloren

Von Pfarrer Thomas Schumann, 

Evangelischer Klinikseelsorger im SRH-Zentralklinikum Suhl

 

 Was haben die sich ins Zeug gelegt! Sie haben alles gegeben: Körperlich und mental. Und doch ertönte am vergangenen Samstag immer wieder "Allemagne - Zero points". Null Punkte! 

 Ich spreche von dem europäischen Musikwettbewerb, dem Eurovision Song Contest, ESC. Auch dieses Jahr ist es Deutschlang nicht gelungen, die begehrte Trophäe zu holen. Schon im Vorfeld witzelte man: Deutschland kriegt es wieder nicht hin. Null Punkte!

 Ja, die Band "Lord of the Lost" (deutsch: „Der Gott der Verlorenen“) wirkte auf mich schon im Wahrsten Sinne des Wortes verloren. Die Mitglieder der Band präsentierte sich grell und schrill, nahezu pubertär überzeichnet. Man grinste in die Kamera, zeigte sich mit goldenem nacktem Oberkörper. Selbst an Engelsflügeln sparte man nicht. Und dröhnende Gitarren, es wurden einfach alle Register gezogen. Sie gaben alles, eine große Show. Und trotzdem seit Jahren dasselbe Drama: Deutschland bringt´s einfach nicht. Was für eine Nullnummer. 

 Viele Menschen kennen dieses Gefühl, alles gegeben zu haben und trotzdem nichts erreicht zu haben. Ich denke an Eltern, die für ihre Kinder alles getan haben und den Eindruck haben, es hätte nichts gebracht. Ich denke an Kranke, die alles aufs Spiel gesetzt haben, um wieder gesund zu werden und erfolglos bleiben. Ich denke an Arbeitslose die vergeblich alles gaben, wieder einen Job zu bekommen. Ich denke an verzweifelte Rettungsversuche von Beziehungen, die dann doch zerbrechen.

 Da gibt man alles - und scheitert grandios.

 Doch hat die Band wirklich etwas verloren? Bevor ich etwas verliere, muss ich es besessen haben. Und einen Sieg hat man nie sicher. Genauso besitze ich weder Gesundheit noch meine Kinder noch beruflichen Erfolg. Nichts, was uns wirklich wichtig ist, ist unser Besitz. Es ist eher ein Geschenk. 

 Der Bandname „Der Herr der Verlorenen“ erinnert mich daran, wie Jesus Gott beschreibt. Er ist der gute Hirte, der sich aufmacht, den Verlorenen zu suchen. Gott sucht mich. Und er findet mich. Ich bin nicht verloren. Er tröstet mich, richtet mich auf - denn er sorgt für mich. Er schützt mich. Vor Selbstüberforderung und Vorwürfen. Denn nichts was in unserem Leben zählt, ist selbstverständlich. Alles ist Gnade. Deutlich wird es, wenn ich mich verirrt habe, am Boden bin und mich Gott dann aufsucht. Er richtet mich wieder auf, nimmt mich in seinen Schutz und macht mir Mut zum Weitergehen. So macht er mich zum Sieger über meine Niederlagen. 

 Sie, die Sie sich vielleicht gerade heute am Tiefpunkt Ihres Lebens befinden, sich gnadenlos verrannt haben - wird er heute finden, aufrichten und leiten. Er macht Sie zum Sieger. Denn er weiß den Weg.