26.07.2025
Besinnungswort zum 20.07.2025
von Almut Ehrhardt
Im Jahr 1988 wurde in der DDR ein bemerkenswerter Film gedreht: „Einer trage des anderen Last“. Bemerkenswert aus vielerlei Hinsicht: Einen Film nach einem Bibelvers zu benennen, war zu DDR Zeiten nicht alltäglich, im Gegenteil: Sehr ungewöhnlich. Der Bibelvers steht im Brief des Paulus an die Galater, im 6. Kapitel, Vers 2 und lautet im Ganzen: „Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ Wie komme ich nun ausgerechnet heute darauf? In der vergangenen Woche war dieser Bibelvers Wochenspruch. Diese sollen uns Christen durch die Woche begleiten, zum Nachdenken über unseren eigenen Glauben anregen: Was hat unser Glaube mit unserem Leben zu tun? Und warum fiel mir dieser Film zu diesem Bibelspruch ein? Weil er bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Die Handlung ist schnell erzählt: In ein privates Lungensanatorium werden zwei neue Patienten eingeliefert: Josef Heiliger, ein junger Kommissar der Volkspolizei, überzeugter Marxist, und Hubertus Koschenz, ein evangelischer Vikar. Sie sind beide an Tuberkulose erkrankt und müssen sich ein Zimmer teilen. Was folgt, ist nicht die DDR-Variante zu Don Camillo und Peppone, sondern geht viel tiefer. Anfangs betonen die beiden natürlich ihre gegensätzlichen Weltanschauungen, aber mit der Zeit beginnen sie, Gemeinsamkeiten in ihren Ansichten zu erkennen. Es ist vor allem der Humanismus, der die beiden verbindet. Sie nähern sich in ihren Diskussionen an. Josefs Gesundheitszustand verschlechtert sich zusehends, während es dem Vikar besser geht. Ihm gelingt es von einer schweizerischen evangelischen Hilfsorganisation ein neues, hoch wirksames, Medikament zu bekommen, welches er Josef verabreichen lässt, zunächst ohne dessen Wissen. Dieser Film hat gezeigt, was Gutes entstehen kann, wenn Menschen mit gegensätzlicher Meinung in einen wirklichen Dialog treten, wenn sie sich nicht als Gegner betrachten, sondern als Menschen, alsein Gegenüber auf Augenhöhe. Und genau das ist es, was ich mir in unserer Gegenwart wünsche: Dass Menschen unterschiedlicher Ansichten, Religionen, politischer Meinungen oder Lebensplanungen wieder miteinander reden, sich annähern, im Anderen den Menschen sehen, der auch sein Päckchen zu tragen hat, der auch manchmal nicht weiß, wie es weitergehen soll. Geteiltes Leid ist halbes Leid, sagt ein Sprichwort, das ist die Volksmund-Variante des Bibelwortes. Das Bibelwort trägt uns nicht auf, die Welt zu retten, das steht nicht in der Macht von den meisten von uns. Aber wir können die Welt zu einem besseren Ort machen, wenn wir einem Menschen, der es schwer hat, helfen, das Leben lebenswerter zu machen. Manchmal braucht es dazu nicht viel: Empathie, Zeit und die Geduld, wirklich zuzuhören, vielleicht bei einer Tasse Tee, an einem Ort, an dem man zur Ruhe kommen kann. Wirklich Zuhören meint, nicht gleich mit RatSchlägen zur Stelle sein, sondern auf Augenhöhe Sorgen zu teilen. Und wenn Sie mit offenen Sinnen durch unsere Welt gehen, finden Sie sicherlich Gelegenheiten, das Gesetz Christi zu erfüllen. Ich wünsche Ihnen dazu Gottes Segen.